Was ist das Bio-Siegel? Eine Defintion

Ob Brötchen, Tomate oder Milchkaffee: Was wir in unseren Einkaufskorb legen, hat Auswirkungen auf uns und unsere Umwelt. Denn von der landwirtschaftlichen Produktion über den Transport, Lagerung, Verarbeitung, sowie Verpackung bis hin zum Essen selbst, hat das Lebensmittel auch ein Leben vor dem Supermarkt. Hier unterscheiden sich die Vorgeschichten der Produkte erheblich. Das Bio-Siegel ist ein freiwilliges Güte- und Prüfsiegel: Es kennzeichnet Lebensmittel, die sich, im Gegensatz zu konventionellen Produkten, an umweltschonende und artgerechte Richtlinien halten und lassen den Verbraucher auf einen Blick eine definierte Qualität erkennen. Das bedeutet, dass wir als Konsumenten nicht nur über die Qualität entscheiden, die auf unserem eigenen Teller kommt. Wir können mit unserer Ernährung einen direkten Einfluss auf unsere Umwelt ausüben und zu einer nachhaltigen Zukunft beitragen. Aber was genau kann man sich unter einem Bio-Siegel vorstellen? Deutschlandweit haben verschiedene Siegel Gültigkeit. Die Bekanntesten sind im Folgenden zusammengefasst.

Bio-Siegel in Deutschland

Will ein Unternehmen das Gütesiegel als Hinweis auf seine ökologische Erzeugung verwenden, muss dieses sich erst dem Kontrollverfahren nach den EU-Rechtsvorschriften unterziehen.

EU-Siegel: Das EU-Siegel wurde 2010 veröffentlicht, um ein einheitliches Symbol zu einer definierten Qualität zu schaffen und gilt als das meist benützte Siegel. Damit ein Produkt dieses Siegel legal tragen darf, müssen 95% der folgenden Richtlinien eingehalten werden:

– Verzicht auf chemische Pflanzen- u. Düngemittel
– Festgelegte Anzahl von Tieren pro Hektar
– biologisches Futtermittel in der Tierhaltung
– Antibiotika dürfen nur aus medizinischer Notwendigkeit eingesetzt werden
– Verbot von Gentechnik / gentechnische verändertes Futtermittel erlaubt
– Maximale 47 Zusatzstoffe in verarbeiteten Lebensmittel sind erlaubt (vgl: 316 in Konventionellen)
– Detaillierte Buchführungen von Produktions- und Handelskette

Deutsches Siegel: Das deutsche Bio Siegel wurde 2010 vom EU-Siegel abgelöst und hat keine Aussagekraft mehr. Aufgrund seines hohen Bekanntschaftsgrads wird es dennoch oft benutzt, darf aber nur in Kombination mit dem EU-Siegel verwendet werden. Die Qualität des Produktes wird aufgrund des deutschen Siegels nicht doppelt geprüft.

Bioverbände: Die Produkte der Bioverbände Demeter, Bioland und Naturland befolgen neben den EU-Richtlinien noch strengere Regeln. Diese betreffen die Tierhaltung, den Pflanzenbau, Verpackungen und Zusatzstoffe. Eine detaillierte Liste der jeweiligen Unterschiede in den Richtlinien befindet sich im Anschluss der Zusammenfassung.

Unklarheiten in den Richtlinien

Idyllische Landschaften, glücklich weidende Kühe und freilaufende Hühner sind geläufige Bilder, die oft mit dem Namen Bio in Verbindung gebracht werden und auch so dargestellt werden. Dabei ist zu beachten, dass auch vorgegebene Richtlinien, was die Herstellung von Bio Produkten betrifft, immer kritisch betrachtet werden sollten:

Tierrechte: Generell ist eine artgerechte Tierhaltung nicht eindeutig definiert. Meistens richtet sich die Definition eine gerechten Tierhaltung über die Anzahl der erlaubten Tiere pro Fläche, das Tierfutter oder die Dauer des Viehtransports. Während bei der konventionellen Tierhaltung die Dauer eines Tiertransports nicht begrenzt wird, gilt beim EU-Bio-Siegel die 6-Stunden- und bei den Bioverbänden die 4-Stunden-Obergrenze. Im Fall von Tierprodukten unterscheiden sich die Richtlinien der Siegel stark. Zum Beispiel dürfen unter EU Richtlinien (EU-Siegel) doppelt so viele Legehennen pro Fläche gehalten werden, wie es bei den Bio-Siegeln von Demeter, Bioland und Naturland der Fall ist. Auch wenn die Vorschriften bei diesen drei Bioverbänden strenger sind, gibt es auch hier in den Richtlinien undefinierte Punkte.

Nachhaltigkeit: Bio Produkte sind durch den Verzicht chemischer Pflanzen- und Düngemittel umweltschonender als ihre konventionelle Alternative. Negative Auswirkungen auf Böden, Gewässer und Klima können somit verhindert werden, was die Grundvoraussetzung für die Bodenfruchtbarkeit unserer Erde bedeutet. Befragungen des Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zeigen, dass die Nachfrage an Bio-Produkten in Deutschland stetig wächst. Diese Nachfrage wird vor allem mit ausländischer Ware befriedigt, denn längst können deutsche Bio-Bauern den Bedarf der Discounter nicht mehr decken. Auch wirtschaftlich gesehen ist das Ausland-Bio attraktiv, da in Deutschland die ökologische Landwirtschaft nur wenig gefördert wird und die Pachtpreise aufgrund von Anbau von Kraftöl (Rapsöl) für Bio Bauern teuer sind.

Ab wann ist Bio nicht mehr Öko?

Mindestens 85% aller verkauften deutschen Biofruchtgemüse stammen aus dem Ausland – auch Produkte, die ursprünglich in Deutschland wachsen. Momentan kommt jede 2. Karotte und Kartoffel aus dem Ausland. Diese Importe verursachen mit den Emissionen der Transportwege Umweltverschmutzungen, die der ursprünglichen Idee der biologischen Wirtschaftsweise widersprechen. Während sie eigentlich den Gegenpol zur ressourcenverschwendenden, industriellen Landwirtschaft darstellte, ist Bio längst das ganze Jahr über im Supermarkt verfügbar – nicht nur in der Saison. So werden Bio-Tomaten, Paprika und Gurken aus Spanien mit hohem Energieaufwand in großen Gewächshäusern bewässert, um im Winter den deutschen Supermarkt zu bedienen. Eine durchschnittliche Tomate aus konventionellem Anbau steht für ungefähr 13 Liter virtuell verbrauchtes Wasser. Eine Bio-Tomate aus Spanien kann dagegen die mehrfache Menge davon beanspruchen – über eine mögliche Wasserverschwendung spricht das Bio-Siegel keine Richtlinien aus.

Gleichzeitig ist eine isolierte Betrachtung des Transports vom fertigen Produkt nicht so einfach zu bewerten. So machen Wissenschaftler der Carnegie Mellon University in Pittsburgh mit einer Studie klar: Würde der gesamte CO2-Ausstoss unserer Lebensmitteltransporte- und produktion summiert werden, zeigt sich: Obst und Gemüse aus Übersee per Flugzeug, verursachen weniger CO2-Ausstoss als das Rindfleisch vom nachbarlichen Bauern. Dabei wurde auch einmal mehr festgestellt, dass Rindfleisch, Milch und Milchprodukte bei der Produktion die meisten Klimagase erzeugen. Entscheidender ist also, welche Produkte man kauft und nicht gezwungenermaßen, woher sie stammen?

Kontrollen: Viele Länder besitzen Produktionsstandards, die die EU als gleichwertig anerkennt. Der größte Teil der importierten Bio-Erzeugnisse wird also entsprechend der Öko-Regeln angebaut. Allerdings ist zu erwähnen, dass die Richtlinien nicht überall eins zu eins umsetzbar sind, weil die Ökoverordnung speziell für europäische Verhältnisse geschrieben wurde. Nicht in allen Ländern verläuft das Kontrollsystem einwandfrei, auch funktioniert der Datenaustausch über Ländergrenzen hinweg nicht immer reibungslos. Nachdem 2014 verstärkt Rückstande von Pestiziden bei Importen in die EU festgestellt wurden, hat die EU-Kommission 2015 einen verschärften Leitfaden für zusätzliche Kontrollen bei Bio-Importen aus Osteuropa und Zentralasien veröffentlicht. Bis die Kontrollbehörden der Bundesländer die Ware freigeben, vergehen nach Eintreffen der Ware in Deutschland häufig bis zu vier Wochen. Importe sind aufwändig und mit umfangreicher Dokumentation verbunden.

DAS GRÜNE SCHAF – Fazit

Das Thema „Bio“ ist somit ein umfangreiches Thema, das aufgrund genannter Bedingung eine klare Definition erschwert. Während bereits in den unterschiedlichen Bio Siegeln verschiedene Richtlinien für Diskussionen sorgen, kann man Eines mit Gewissheit festhalten: Obwohl das EU-Siegel nur einen Mindeststandard für die Qualität eines Produktes festlegt, unterscheiden sich Bio-Produkte gegenüber den konventionellen Produkten erheblich. Sie schützen zum Beispiel durch einen geringeren Einsatz von Kohlendioxid Düngern und den Verboten von chemischen Düngemitteln, Pestiziden, Herbiziden und Insektiziden den Boden und schlussendlich das Grundwasser. Tierische Produkte aus Bio-Landwirtschaft weisen einen erheblich geringeren Anteil an Antibiotika und Antibiotika-resistenten Bakterien auf. Sich auf eine Ernährung mit biologischen Produkten umzustellen, ist daher sehr zu empfehlen.

DAS GRÜNE SCHAF – Tipps

Viele Menschen werden noch immer durch den – im Vergleich zu konventionellen Produkten – höheren Preis von Bio-Produkten abgeschreckt, was damit in Zusammenhang gebracht werden kann, dass sich unsere Gesellschaft an Dumpingpreise gewöhnt hat. Wir haben eine Norm etabliert, die der Qualität und Quantität unserer Ressourcen nicht gerecht werden kann.

Einen weitaus erheblicheren Einfluss auf die Kosten, als die Entscheidung ob biologisch oder konventionell erzeugte Lebensmittel, hat unser Essverhalten selbst. Wer viel Fleisch isst und Fertigprodukte bevorzugt, gibt generell mehr Geld aus. Wie sich eine Änderung des Ernährungsverhaltens auf die Lebensmittelkosten auswirkt, hat beispielsweise das Ökoinstitut Freiburg ausgerechnet: Eine Umstellung des Ernährungsverhaltens auf die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlene Lebensmittelmischung spart so viel Geld, dass ein Umstieg auf teurere Bio-Lebensmittel annähernd kompensiert wird. Damit verbunden ist die Reduzierung des Fleischverbrauchs um rund 70 Prozent. Ändern sich also unsere kulinarischen Vorlieben, ist das nicht nur nur gesund für jeden von uns, sondern birgt ein erhebliches Potenzial: Ernähren wir uns bewusst und gesund, können nachhaltig zum Umwelt- und Klimaschutz beizutragen. Gesünder essen heißt: sauberes Wasser trinken, wenig bis bevorzugt kein Fleisch, mehr Gemüse, Hülsenfrüchte, Nüsse, Obst und Getreide essen – alles Bio. Diese Umstellung stellt sich als leichter heraus, als manch einer denken mag, denn sie ist mit einer großen Portion Genuss verbunden! Längst ist das vegane Angebot in aller Munde. Während man sich bei diesem Thema vor mehreren Jahren noch ratlos angeschaut hat, weiß heute fast jeder, was einen vegetarischen und veganen Lifestyle auszeichnet – und der ist abwechslungsreich und voller neuer Überraschungen.

Quellenverzeichnis

www.demeter.de/unterschied-bio demeter#tab3

www.bioland.de/fileadmin/dateien/HP_Dokumente/Richtlinien/Vergleich-Bioland-EU-Bio.pdf

www.naturland.de/de/naturland/richtlinien.htmlhttps://utopia.de/siegel/bio-siegel-deutschland

www.alnatura.de/de-de/magazin/kultur-und-gesellschaft/gesellschaft/bio-aus-der-ferne

www.daserste.de/information/ratgeber-service/vorsicht-verbraucherfalle/sendung/schwindel-mit-dem-eu-bio-siegel-100.html

www.schrotundkorn.de/lebenumwelt/lesen/200706b01.html

www.bmel.de/DE/Landwirtschaft/Nachhaltige-Landnutzung/Oekolandbau/_Texte/Bio-Siegel.html www.foodwatch.org/de/informieren/herkunftsangaben/mehr-zum-thema/hintergrund/https://utopia.de/ratgeber/bio-siegel-haben-die-tiere-davon/

www.oeko.de/forschung-beratung/themen/konsum-und-unternehmen/nachhaltige-ernaehrung-der-griff-zum-richtigen-produkt/

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