CAT TUONG – AUS DER SICHT DES KÜNSTLERS

Cat Tuong, veganes vietnamesisches Restaurant
Berlin, Deutschland

Es gibt keinen Weg zum Glück. Glücklich sein ist der Weg. Hektisch eilen einige Passanten an diesem Buddha-Zitat vorbei, das sich am Eingang des Restaurants in der Kastanienallee in Berlin Prenzlauer Berg befindet. Diese Weisheit dient hier nicht nur, um die Fassade zu schmücken. Vielmehr bereitet es den Besucher auf ein Gefühl vor, das ihn im Cat Tuong erwarten wird.

„Such nicht dein Glück. Diese Schale Tee, das Essen, das du vor dir hast – das ist schon das Glück”

Das sagt Trung mit sanfter Stimme. Währenddessen werden im Hintergrund behutsam die Kerzen am buddhistischen Altar angezündet. Eine Geste, die Dankbarkeit ausdrückt. Der Altar steht in dieser Weise sowohl für den Weg als auch als das Ziel im Leben. Der gesamte Raum spiegelt ganzheitlich wider, was der junge Gastro-Unternehmer beschreibt. Das Cat Tuong ist ein kleiner Rückzugsort voll positiver Energie. Wirkt der dunkel gehaltene Gastraum auf die ersten Sekunden fast zu dunkel, entfaltet er seine volle Wirkung, je länger man sich auf die sonderbare Atmosphäre einlässt: Jedes Element in dieser Räumlichkeit wird auf eine besondere Weise zelebriert. Sie leuchten in lebendigen Farben und stehen im interessanten Kontrast zum dezenten Licht. Exzentrische Blumenarrangements, das warme Grün vom Moos, das die Wände schmückt und das Zusammenspiel mit ursprünglichen Materialien versprühen einen Hauch von Mystik.

„Für eine gesunde Ernährung ist es wichtig, dass man sich zum Essen Zeit nimmt. Einfach mal reinkommen, abschalten. Statt immer nur zu arbeiten, dem Geld hinterherrennen. Egal wie viel man zu tun hat – 15 Minuten sollte man haben”, findet Trung. Er ist der Ältere von zwei Geschwistern und Teil des Familienunternehmens Cat Tuong. Das Restaurant gibt es bereits seit 15 Jahren. Das Lokal, betrieben von Trungs Eltern und später auch von Trung, war bis vor vier Jahren ein klassisches vietnamesisches Restaurant mit Fleisch auf der Speisekarte.

Trungs Mutter gibt den Ausschlag, dass die Familie ihre Ernährung auf vegan umstellt und das Restaurant sein Angebot um 180 Grad dreht. Trung spricht mit Liebe von der Frau, die die Familie führt und zusammenhält. Sie ist zierlich, strahlt aber Kraft und positive Energie aus. Regelmäßig besucht sie die Pagode, den buddhistischen Tempel, in Berlin Spandau. Der Buddhismus spielt in ihrem Leben eine große Rolle. Auf Grund des buddhistischen Gebots ‘Du sollst keine Tiere töten’ hat sie bereits vor zehn Jahren aufgehört, Fleisch zu essen und begonnen, sich vegan zu ernähren. Es dauert noch sechs Jahre, bis die geduldige Frau sagt, ihr reicht es: Sie wolle auch in der Restaurantküche nicht mehr Fleisch schnippeln, das sie selbst nicht isst.

Zunächst hat die Familie Bedenken. Zwar lassen sich die Gerichte, die auf Fleisch basieren, ebensogut mit pflanzlichen Produkten zubereiten. Doch zu jenem Zeitpunkt gibt es kein einziges veganes vietnamesisches Restaurant in Berlin, und mit der veganen Küche kennt sich die Familie nicht aus. Daher lässt sie Vorsicht walten. Cat Tuong startet nach einer Auffrischung des Interieurs mit einem vegetarischen Angebot – und erhält das gewünschte Ergebnis nicht. Die Stammkunden bleiben weg, der Vater sieht sich in seinen Befürchtungen bestätigt, wird ungeduldig.

Trung weiß, dass jede positive Veränderung das Gespräch braucht. Unter den Gästen sind viele Veganer, unter anderem Jan Bredack von Veganz, heute ein guter Freund von Trung. Von ihnen erhält Trung Zuspruch, das Restaurantangebot ganz auf vegan umzustellen. Bekräftigung auf diesem Weg bekommen sie auch aus der Pagode. Tatsächlich macht viele Speisen erst die vollständige Umstellung ursprünglicher, da es die Milch nur in der eingedeutschten Version der Gerichte gibt. Ansonsten fliegt noch das Ei aus der Speisekarte.

Die Umstellung

Damit ist Cat Tuong das erste vegane vietnamesische Restaurant in Berlin. Die Umstellung verändert alles. Der Laden ist schnell wieder voll, Trungs Kopf voller neuer Ideen für Speisen und neue Projekte. Das neue Angebot ist vielfältig, steht für einen Clean-Eating-Ansatz. „Ich wollte weg vom asiatischen 0815, für drei–vier Euro Speisen anzubieten. Muss asiatisch immer billig sein? Kann Bio billig sein? Auch wenn unser Laden klein ist, können wir coole und nachhaltige Produkte anbieten”, erklärt Trung seinen Ansatz.

Jedes Gericht wird nicht nur geschmacklich abgestimmt, sondern auch ästhetisch perfektioniert. Zu den Speisen in der Karte kommen saisonale Angebote auf der Tafel. Diese wechseln drei- bis viermal im Monat. Trung liebt es, in der Küche zu experimentieren, sich kreativ auszutoben, Trends für Cat Tuong zu interpretieren. Gemeinsam stimmt die Familie ab, was davon auf die Tafel kommt. Bewusst werden auch Gerichte mit Zutaten wie Sojaschnetzel angeboten, da dieses bissfest und fleischähnlich ist, und so Fleischesser bei ihren Gewohnheiten abholt.

Cat Tuong arbeitet mit frischen Zutaten, die überwiegend bio sind. Die Pagode in Spandau hat einen eigenen Garten und liefert dem Restaurant saisonale Kräuter. Bio-Tofu, Himalaya-Salz, mit Leogant vitalisiertes Wasser, kein Glutamat, roter Reis – das Angebot ist hochwertig. „Roter Reis verhält sich zu weißem Reis, wie Vollkornbrot zu Weißbrot. Beim roten Reis ist noch die Schale drumrum, es stecken mehr Vitamine drin”, erklärt Trung. „Wir wären gern 100 % bio, aber bestimmte asiatische Lebensmittel wie Koriander werden hier nicht biologisch angebaut. Qualität ist uns wichtig. Wir bestehen zu 80 % aus Wasser, wir sollten nur Gutes in uns einführen”, erzählt Trung und lächelt.

„Die vegane Ernährung spielt, neben dem Umwelt- und Tierschutz, auch für die Gesundheit eine wichtige Rolle.” Trung weiß, dass man den Gästen erst zeigen muss, wie gut vegan schmecken kann. „Man kann den Menschen nicht wegnehmen, was sie jahrelang gegessen haben. Wir machen leckeres Essen, um zu zeigen, dass es auch anders geht. Dann legt sich der Schalter irgendwann automatisch um.”

Atmen wir alle die gleiche Luft?

Eine ethische Haltung ergibt sich mit der bewussten Ernährungsweise automatisch, wenn es um Tiere und um die Umwelt geht. Nach und nach wird Cat Tuong immer nachhaltiger. Papiertüten lösen die Plastiktüten ab, die Verpackung für Take-Away ist biologisch abbaubar, die Becher aus Maisstärke. Das Restaurant verwendet Ökostrom, ist gerne bei Spendenaktionen dabei. „Es gibt eine vegane Community, die sich gegenseitig hilft und Tipps gibt, wie man sich weiter verbessern kann. Nachhaltig zu handeln ist teurer, als konventionell einzukaufen. Wir zahlen die zusätzlichen Kosten, weil unser Hauptmotiv nicht ist, Geld zu verdienen”. Trung geht es nicht um sein Ego: Das Gute geben, anderen Gutes tun, sich dabei voll hingeben. Das ist für ihn eine Bereicherung.

Seine Haltung macht sich in einem guten Gewissen und der Freude an der Arbeit bezahlt. Die vegane Umstellung hat der Familie viel Selbstbewusstsein gegeben. Und sie beweisen: Es kann auch zwischen Jung und Alt funktionieren.

Die Entfaltung einer Idee

Aus Trungs Experimenten in der Küche entstehen auch neue Restaurantkonzepte. Neben Cat Tuong sind in Berlin in den letzten vier Jahren vier weitere Restaurants entstanden, und sie sind nicht alle vietnamesisch. Trung spricht dabei von Projekten, mit denen er die Vielseitigkeit veganer Ernährung auf einer immer wieder neuen Klaviatur spielen möchte.

So ist Trungs Schaffen auch im vietnamesischen Restaurant „SOY”, das es seit 2015 gibt und von seinem Onkel betrieben wird, zu sehen und zu schmecken. Das ebenfalls vietnamesische Restaurant „1990 vegan living” ist seit 2016 am Start und wird von einem weiteren Onkel Trungs betrieben.

Seit Ende 2018 bietet Secret Garden veganes Sushi, ein Projekt, um dessen Realisierung Trung Jan Bredack gebeten hat. Die Inspiration holte sich Trung bei den Gästen von Cat Tuong. Ihr Feedback: In Berlin fehle noch ein gutes, veganes Sushi-Restaurant. Trung denkt seine Konzepte von den Speisen bis zur Inneneinrichtung durch. „Natürlich steht ein Team, meine Familie hinter mir.” Das vierte Restaurant “Feel Seoul Good” eröffnete Anfang 2019 und serviert
vegane, koreanische Speisen. Es dürfte sich nicht um Trungs letzte Gründung handeln.

Trungs Weg ist ein ungewöhnlicher. Wer als Gastro-Unternehmer in einem anderen Stadtteil eine Location angeboten bekommt, ist in der Regel geneigt, die bestehende Marke zu multiplizieren. Trung hingegen schafft mit jedem neuen Standort auch eine neue Marke.

„Mein Ziel ist nicht die Expansion. Auf meinem Weg habe ich selbst viel Hilfe erfahren. Da bin ich natürlich gerne bereit, andere zu beraten, anderen zu helfen.”

Die eigene Handlung fließt in die Handlung anderer ein. Die Familien treffen sich regelmäßig und stimmen ab, was als nächstes gemacht wird.  Trung ist gerade mal 28 Jahre alt. Trotz der Tatsache, dass er ein Restaurantkonzept nach dem anderen gründet, sieht er sich nicht als Unternehmer. Er ist Koch und Künstler in Einem. „Es geht mir weniger um Geld, als darum, eine Idee zu verwirklichen. Ich muss dabei nicht besser sein, als andere.” Für Trung gibt es keine Konkurrenz. „Wenn es immer mehr vegane Restaurants gibt, ist das eine Bereicherung für die Welt. In der veganen Community unterstützt man sich gegenseitig, gibt sich Tipps, wie man sein Angebot verfeinern kann.” Er fügt hinzu: „Wir atmen alle die gleiche Luft.”

Trung ist froh, dass die Projekte seiner Familie auf ihre Weise die Vielfältigkeit veganer Speisen zeigen. „Ich habe Glück gehabt, dass wir diese Locations bekommen haben. Glück gehabt, dass meine Verwandten bereit waren, diesen Weg mit mir zu gehen. Und ich habe stets meine Eltern hinter mir. Es ist immer ein Wir.” „Der Buddhismus gibt uns die Kraft – und meine Mutter ist dabei der Therapeut.” Trung lacht. Die Familie geht wieder öfter in die Pagode. Wenn jemand mal down ist, baut Trungs Mutter ihn wieder auf: „Wir machen hier etwas Gutes.”

Dann weist Trung auf ein Emblem, das er gerade erst entwickelt hat. Das Logo zeigt fünf Blüten und symbolisiert die fünf Elemente: Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser. Das Logo soll als Familienwappen dienen, ganz nach asiatischer Tradition.
Auch beim Kochen möchte er sich die fünf Elemente noch mehr verinnerlichen und die gesunde Ernährung stets im Gleichgewicht mit den Elementen halten. 2019 möchte Trung außerdem noch ein Kochbuch herausbringen.

Der Name Cat Tuong bedeutet „Glück und Frieden”. Die Familie hat das Restaurant nicht selbst so genannt, sondern einen buddhistischen Meister gebeten, ihnen einen Namen zu geben. Sie haben den Namen „Glück und Frieden” angenommen. Und leben und arbeiten danach.

„Jedes Projekt braucht Liebe.” sagt Trung und fügt hinzu: „Jeder lange Weg beginnt mit dem ersten Schritt.”

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28.02.2019
von Balázs Tarsoly

 

Kastanienallee 89, 10435 Berlin

www.cat-tuong.de

Grünometer

CAT TUONG

7 / 10

100 % veganes Angebot

Verwendung überwiegend von Bioprodukten

Verwendung von fair gehandelten Produkten

Verwendung von Verpackungen aus kompostierbaren Rohstoffen

Verwendung regionaler und saisonaler Produkte

Mit Leogant vitalisiertes Wasser

Einkauf fair gehandelter Produkte

PARTNER UND UNTERSTÜTZER VON DAS GRÜNE SCHAF
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